Geschichten aus denen das Universum besteht – Rezension zu “Eine Reise” – Sigrid Kleinsorge

By | 11. November 2017

Geschichten aus denen das Universum besteht – Rezension zu Eine Reise von Sigrid Kleinsorge“Es braucht eine gewisse Standfestigkeit im Leben, um nicht von der Brutalität unfassbarer Tatsachen weggeschwemmt zu werden.” (Pos.334)1)

Zum Inhalt:

Bahnhöfe, Orte die par excellence für Zufallsbegegnungen jene Bühne bieten, auf der sich in Sigrid Kleinsorges neuem Roman ein Journalist und eine weitere Reisende flüchtig treffen. Sie verlässt einige Stationen weiter das Zugabteil, lässt jedoch versehentlich Aufzeichnungen einer/ihrer Reisen zurück. Eine Gelegenheit für den Mitreisenden, dessen Aufmerksamkeit die Frau schon während des gemeinsamen Wartens am Bahnsteig erregt hatte, mehr zu erfahren über einen Lebensweg der nun einen Schnittpunkt mit dem seinen hat.

Der in kleinen und großen Historien wie Schmuckperlen aneinandergereihte Erzählfaden, beginnt durchaus in jenem geradlinigen Geschichtskonzept des Zeitstrahls in dem wir unsere scheinbar linearen Lebenswege gerne sehen (wollen). Schnell wird jedoch deutlich, dass dieses Leben in all seiner “Normalität”, seinem “nicht-exotisch-Sein” hingegen eher einer Wäscheleine gleicht, an der die Ereignisse – den bunten Kleidungsstücken gleich – ihre Halt finden. Eine jener Leinen, die zwischen zwei Häusern endlos um zwei Rollen läuft, einem Universum immer neuer Geschichten in einem sich perpetuierenden Fluss menschlicher Schicksale in denen die Positiva keinesfalls selbstverständlich zur Tagesordnung gehören.

Gehalten von Gedächtnisbildern welche wiederum ihrer eigenen Dynamik folgend, eintauchen lassen in ein längst vergangenes, aber nicht minder farbiges Neu-Erleben. “Es genügt ein Blick, ein Geruch, eine Stimme, ein Geräusch, eine Atmosphäre und schon sind sie da, sind wachgekitzelt, kümmern sich keinen Deut darum, ob sie willkommen sind, ob sie zu den Lebensjahren gehören, in denen man sich herumtreibt oder über die man gerade nachdenkt.” (Pos.641)

Es geht um eine Reise in mannigfacher Hinsicht. Eine Reise in klassisch geografischer Ausformung über Kontinente hinweg, einer Reise durch Geschichte en gros und im persönlichen Detail, durch politische Systeme, ihre schicksalshaften Weichenstellungen ungeachtet der Bruchgräben in Lebenslinien und Familienverbänden.

Fazit:

“Immer will ich zum Kern einer Geschichte vordringen, weil für mich die Welt aus Geschichten besteht, die zusammen das Universum ergeben.” (Pos. 96). Mit diesem Satz könnte ich für mich die Texte Sigrid Kleinsorges in einer umfassenden Klammer subsummieren: er ist Programm, Credo, verinnerlichte Expression einer an der Realität erprobten Humanistin, weit jenseits jeglicher Schönrederei oder verklärter Weltsicht. Auch in “Eine Reise” beweist die Autorin auf’s Neue ihr virtuos genutztes Gefühl für Details, unterschwellig menschliche Wahrnehmung der subjektiven Realitäten, der Geschichten, Lebens- und teils Leidenswege, die stets zwischen Scheitern und Reifen changieren lassen.

Buchdaten:

  • Titel: „Eine Reise“
  • Autorin: Sigrid Kleinsorge
  • Ausgabe: 11.2017
  • Verlag: Amazon Media EU S.à r.
  • Sprache: Deutsch
  • ASIN: B07761G1V7
  • Dateigröße: 437 kB (Rezensionsexemplar)

(1) Alle Angaben, sowohl Seiten-/Positionsnummern, wie auch technische Details, beziehen sich auf die Kindle-Ausgabe des Rezensionsexemplares

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