Ringelnatz, Cobain und der Weg zurück ins Leben – Rezension zu “Nur eine Ewigkeit mit Dir” von Kristina Moninger

By | 2. August 2016

Nur eine Ewigkeit mit Dir von Kristina Moninger“Und Ewigkeiten werden nicht in Jahren gemessen, das ist richtig, aber Jahre können zu Ewigkeiten werden.” (S.116)

Zum Inhalt:

Ein scheinbarer Quadrilog beginnt sich zu entwickeln, dessen Kristallisationspunkt Lillys Entscheidung darstellt, sich das Leben zu nehmen. Zu viel wurde ihr vom Schicksal, dem Leben oder welcher höheren Macht auch immer entrissen. Jonas ist es, der sie davon abhält den Brückensprung in den Tod durchzuziehen. Ein Mann, der anfangs mehr Fragen aufwirft als Antworten zu geben scheint, außer die eine: dem Leben doch noch eine zweite Chance zu geben, sich wieder darauf einzulassen, es neu zu üben. (“Ich beginne, mich daran zu gewöhnen zu leben. Auch das hört sich seltsam an. Und unverständlich, schließlich ist es genau das, was ich vor wenigen Tagen nicht mehr wollte.” (S.81)). Jedoch ist es keine Rückkehr in ihr vorheriges Leben, vielmehr eine in ein… älteres.

Lilly beginnt zusehends einen Schleier zwischen Existenzen zu lüften, deren Zusammenhänge ihr Jonas immer mehr teils wider besseren Wissens erschließt, ebenso wie ihr Eintauchen in die Tagebücher Lenes aus der Zeit zu Beginn eines Krieges, den Lilly nur aus Geschichtsbüchern kennt. Je mehr der Lebensgeist und -wille Lillys zurückkehrt und je stärker ihre Bindung zu Jonas sich gestaltet, desto mehr beginnt dieser zu schwinden, sich selbst dessen bewusst, jedoch in keinster Weise den Grund dafür kennend. (“»Ich habe manchmal das Gefühl zu verschwinden. Nicht plötzlich und lautstark, sondern langsam, still und unbemerkt.«” (S.80)). Die Leben von Paul, Lene, Jonas und Lilly treten in ein Vierergespräch über Zeiten hinweg, erahnbar, aber nicht zwingend vorhersehbar.

Fazit:

Oberflächlich gelesen spielt die intensive Entwicklung der Beziehung zwischen Jonas und Lilly die tragende Rolle in der Geschichte, die Kristina Moninger in ihrem Debütroman entwickelt. Würde man dies allein betrachten wäre es jedoch zu kurz gegriffen. Nicht umsonst findet sich der Satz  “…, weil ich es hasse, was zu schnulzig ist…” (S.122) mitten im Text 😉 . Die aus meiner Sicht eigentliche Intensität des Textes macht jedoch vielmehr die Auseinandersetzung mit dem Thema Trauer, Verlust und Veränderung aus. Spürbar wird dabei auch, dass sich Kristina Moninger nicht akademisch abgehoben oder distanziert artikuliert, sondern schreibend den “Tod ihrer Mutter verarbeitet.” (S.3).

Nicht immer gänzlich aus einem Guss wirkend, gelingt es dem Text stets aufs neue den Leser zu berühren, sofern dieser sich auf ihn einlässt. Die berufliche Beschäftigung der Autorin mit Sprache wird an vielen Bildern, Wortmalereien, achtsamen Formulierungen und liebevollen sprachlichen Miniaturen sichtbar, die den Text zu keinem sterilen englischen Rasen, sondern einer nuancierten, ausdrucksstarken literarischen Blumenwiese formen. (Dazu hier nur ein Beispiel, welches mich in der Formulierung beindruckte: “Es hatten sich so viele Worte angehäuft über die Jahre. Ein Wörterberg, ein Meer aus Worten, ein ganzes Land mit Wiesen, Feldern, Häusern voller Sätze.” (S.21)). Ein ausgesprochen lesenswertes Buch und ein gelungenes Debüt!

P.S.: Warum Cobain? Darum “it’s better to burn out than to fade away”. Viel Spaß beim Finden der entsprechenden Textstelle 🙂 .

Buchdaten:

  • Titel: “Nur eine Ewigkeit mit Dir”
  • Autor: Kristina Moninger
  • Ausgabe: Kindle Edition (356 Seiten Print)
  • Verlag: FeuerWerkeVerlag (2016)
  • Sprache: Deutsch
  • ISBN: 978-3-945362-23-5
  • Dateigröße: 1000 kB

(1) Alle Angaben, sowohl Seiten-/Positionsnummern, wie auch technische Details, beziehen sich auf die PDF-Ausgabe des Rezensionsexemplares

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2 thoughts on “Ringelnatz, Cobain und der Weg zurück ins Leben – Rezension zu “Nur eine Ewigkeit mit Dir” von Kristina Moninger

  1. Bianca

    Hallo Wolfgang!

    Ich stelle nächsten Sonntag auf meinem Blog “Schatz, ich will ein Buch von dir!”im Rahmen der Facebook-Romancewoche Kristina Moningers Buch “Nur eine Ewigkeit mit dir” vor.
    Ich möchte gerne ein paar prägnante Eindrücke aus Rezensionen zitieren und bin dabei auf deine Rezi gestoßen. Ist es für dich ok, wenn ich daraus eine kurze Passage zitiere? Ich würde natürlich deinen Blog als Quelle angeben. Dankeschön!

    Liebe Grüße
    Bianca

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    1. Buchwanderer Post author

      Hallo Bianca,
      Danke für Deine nette Anfrage. Es würde mich sehr freuen von Dir zitiert zu werden.
      Liebe Grüße
      Wolfgang

      Reply

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